Schematherapie Modi verstehen: Wie innere Anteile Heilung ermöglichen
Kurz erklärt: ‚Modi‘ sind aktive innere Zustände in der Schematherapie, die unser Fühlen, Denken und Verhalten in schwierigen Situationen bestimmen. Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Modi, wie man sie erkennt und therapeutisch bearbeitet — praxisnah und gut für Einsteiger wie Fortgeschrittene.
Was sind „Modi“ in der Schematherapie?
In der Schematherapie steht das sogenannte Modusmodell für die Vorstellung, dass die Persönlichkeit aus mehreren zeitweise aktiven Anteilen besteht. Ein Modus ist ein affektiver, kognitiver und verhaltensbezogener Zustand, der durch frühe Bedürfnisse, Schemata und erlernte Bewältigungsstrategien ausgelöst wird. Der Begriff „schematherapie modi" fasst genau diese aktiven Teile zusammen, die in bestimmten Situationen die Oberhand gewinnen.
Die vier Kernkategorien von Modi
Modi lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:
- Kindliche Modi (z. B. Verletztes Kind, Wütendes Kind, Umarmungsbedürftiges Kind)
- Eltern-Modi (z. B. Strafender Eltern-Modus, Kritischer Eltern-Modus)
- Dysfunktionale Bewältigungsmodi (z. B. Überkompensator, Vermeider/Dissoziator, Angepasster Modus)
- Gesunder Erwachsener (Ziel-Modus: fürsorglich, ausgeglichen, realistisch)
Mehr dazu bietet das Modusmodell nach J. Young und ausführliche Übersichten wie in den Materialien von SBT-in-Berlin.
Typische Modi mit Beispielen
- Verletztes Kind: fühlt sich allein, ängstlich, traurig — sucht Trost.
- Wütendes Kind: reagiert impulsiv, schreit oder verletzt andere, wenn Grenzen verletzt scheinen.
- Strafender Eltern-Modus: kritisiert, erniedrigt oder verurteilt das Selbst.
- Überkompensator: zeigt sich als übermäßig selbstsicher, arrogant oder kontrollierend.
- Dissoziativer/Detached Protector: zieht sich zurück, wirkt emotional abgeflacht, um Schmerz zu vermeiden.
- Gesunder Erwachsener: trifft realistische Entscheidungen, schützt das Kind und setzt gesunde Grenzen.
Wie erkenne ich meine Modi?
Modi zeigen sich in Verhalten, Körperreaktionen, inneren Bildern und Sätzen. Typische Hinweise sind:
- Starke Stimmungsschwankungen in bestimmten Situationen
- Wiederkehrende innere Dialoge („Du bist wertlos“, „Ich muss perfekt sein“)
- Plötzliche Verhaltenswechsel (z. B. von ruhig zu explosiv)
Hilfreiche Tools sind Mode-Maps (visuelle Karte der eigenen Modi), Tagebuch oder standardisierte Fragebögen wie das Schema Mode Inventory.
Therapeutische Ziele: Was macht Schematherapie mit Modi?
Das übergeordnete Ziel ist nicht, Modi komplett zu eliminieren, sondern die Regulierung der Modi zu verbessern und den gesunden Erwachsenen zu stärken. Konkrete Ziele:
- Den verletzten inneren Anteil wahrnehmen und mitfühlend versorgen
- kritische Eltern-Anteile erkennen und dekonstruieren
- Bewältigungsmodi durch funktionale Alternativen ersetzen
- den gesunden Erwachsenen stabil aufbauen
Wichtige Interventionsmethoden
In der Praxis werden kognitive, erlebnisorientierte und verhaltensorientierte Methoden kombiniert:
- Psychoedukation: Wissen über Modi schafft Abstand und Verständnis.
- Stuhlarbeit / Modusdialoge: Direkte Gespräche zwischen Modi, oft mit wechselnden Stühlen.
- Imagery Rescripting: Frühere schmerzliche Szenen werden begleitet und neu erfunden, damit das verletzte Kind Sicherheit erlebt.
- Expositions- und Verhaltenstrainings: Neue Verhaltensweisen in Beziehungen üben (z. B. Grenzen setzen).
- Modus-Tagebuch: Häufige Auslöser, Gefühle und Gelingen dokumentieren.
Anwendungsbereiche
Modusararbeit ist besonders hilfreich bei:
- Persönlichkeitsstörungen (z. B. Borderline, narzisstische Muster)
- chronischen Depressionen, Angststörungen, Paarproblemen
- Wiederkehrenden Beziehungskonflikten und Problemen mit Selbstwert
Siehe auch weiterführende Beschreibungen des Modusmodells beim Institut für Schematherapie Ostschweiz.
Praxisbeispiel (Kurzfall)
Maria (32) gerät bei Kritik schnell in Wut und zieht sich danach zurück. Im Modusverständnis aktiviert Kritik bei ihr zunächst das Verletzte Kind (Gefühl von Wertlosigkeit) und anschließend den Überkompensator (Aggressive Verteidigung). In der Therapie lernen Maria und die Therapeutin, die Abfolge zu erkennen, das verletzte Kind gezielt zu beruhigen (Imagery Rescripting) und alternative Reaktionen zu üben (gesunder Erwachsener: betonen eigener Bedürfnisse ohne Attacke).
Typische Fragen (FAQ)
Wie schnell wirken Modus-Interventionen?
Das Erkennen schafft oft schon Erleichterung. Tiefere Veränderungen brauchen meist mehrere Monate bis Jahre, je nach Schwere der Problematik.
Kann ich Modi alleine bearbeiten?
Selbsthilfe (Psychoedukation, Tagebuch) hilft, aber bei tief verwurzelten Schemata ist therapeutische Begleitung empfohlen.
Wer bietet Modusarbeit an?
Therapeutinnen und Therapeuten mit Ausbildung in Schematherapie. Materialien und Kurse finden sich bei Fachinstituten und in Fachliteratur.
Tipps zum Einstieg
- Notiere Situationen, in denen du stark reagierst: Welche Stimme spricht? (Kritik, Angst, Wut?)
- Erstelle eine einfache Modus-Map: beschreibe 5 deiner häufigsten Modi mit Auslösern.
- Beginne mit Selbstmitgefühlsübungen für das verletzte Kind (kurze, tägliche Übungen).
Weiterführende Links und Literatur
- Modusmodell nach J. Young — Institut für Schematherapie Rhein-Ruhr
- Lehrmaterialien SBT-in-Berlin (PDF)
- ISTOS: Das Modusmodell
Fazit: Das Konzept „schematherapie modi" bietet ein pragmatisches, erfahrungsorientiertes Modell, um innere Konflikte zu verstehen und zu verändern. Indem man Modi erkennt, benennt und mit wohlwollenden Interventionen begegnet, kann der gesunde Erwachsene wachsen und langfristige Veränderungen gelingen.