Wann die erste Thrombosespritze nach einer OP sinnvoll ist: Richtwerte, Sonderfälle und praktische Tipps
Viele Patienten fragen: „Wann erste Thrombosespritze nach OP?“ Die Antwort hängt von Art der Operation, individuellem Risiko und Blutungsgefahr ab. Dieser Artikel liefert klare Richtwerte, erklärt Sonderfälle (z. B. rückenmarksnahe Anästhesie) und sagt, was Sie praktisch erwarten können.
Warum überhaupt eine Thrombosespritze nach der Operation?
Operationen erhöhen vorübergehend das Risiko für Blutgerinnsel (venöse Thromboembolie). Das liegt an verletzten Gefäßwänden, verminderter Mobilität und der postoperativen Aktivierung der Blutgerinnung. Die sogenannte "Thrombosespritze" (meist niedermolekulares Heparin, LMWH) reduziert dieses Risiko effektiv und wird nach individuellen Kriterien verordnet.
Übliche Zeitfenster: Wann erfolgt die erste Gabe?
Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht, aber die folgenden Richtwerte sind in der Praxis gebräuchlich:
- Ambulante, geringe Blutungsgefahr: Manche Kliniken geben die erste Dosis bereits am Abend vor der OP (eine Praxis bei bestimmten Eingriffen) oder innerhalb von 6–12 Stunden nach Ende der Operation.
- Routineoperative Eingriffe mit moderatem Blutungsrisiko: Erste prophylaktische Dosis meist 6–12 Stunden nach dem Eingriff, wenn die Blutungssituation stabil ist.
- Operationen mit höherer Blutungsgefahr: Man wartet oft 24 Stunden oder länger, bis sich die Blutstillung sicher darstellt.
- Sehr blutungsintensive Eingriffe: Die Entscheidung wird individuell getroffen; die erste Dosis kann erst nach mehreren Tagen erfolgen.
Wichtig: Diese Intervalle sind Orientierung. Die konkrete Zeit bestimmt Chirurg oder Anästhesist unter Berücksichtigung der Blutungssituation und des Thrombose-Risikos.
Spezialfall: Orthopädie (Hüft- und Knie-OP)
Bei großen orthopädischen Eingriffen ist die Thrombosegefahr höher. Hier sind zwei Punkte wichtig:
- Die erste Dosis erfolgt häufig 6–12 Stunden postoperativ, sofern keine relevante Blutung besteht.
- Die Dauer der Prophylaxe ist verlängert: Nach Hüft-TEP wird oft 28–35 Tage empfohlen, nach Knie-TEP in der Regel 10–14 Tage (abhängig von Leitlinien und Patienteneigenschaften).
Rückenmarksnahe Anästhesie und Katheter (Epidural/Spinal)
Bei rückenmarksnahen Verfahren gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen, weil ein Bluterguss im Spalt um das Rückenmark (epidurales Hämatom) schwerwiegende Folgen haben kann. Deshalb beachten Anästhesisten spezielle Intervalle zwischen LMWH-Gabe und Punktion bzw. Katheterentfernung. Sprechen Sie diese Risiken und den genauen Zeitplan immer mit dem Narkosearzt ab.
Patienten mit vorbestehender Blutverdünnung oder besonderen Risiken
Wenn Sie bereits gerinnungshemmende Medikamente (z. B. Marcumar/Vitamin-K-Antagonisten, DOAKs) einnehmen, oder eine Gerinnungsstörung bzw. frühere Thrombosen vorliegen, wird die Post-OP-Prophylaxe individuell angepasst. Manchmal ist ein sogenanntes Bridging mit Heparin nötig; in anderen Fällen wird die Fortsetzung oder Unterbrechung des oralen Antikoagulans geplant. Besprechen Sie das vor der Operation eingehend mit Chirurg, Anästhesist und Hausarzt.
Wie wird die Thrombosespritze gegeben und wer kann sie verabreichen?
Die Injektion ist subkutan (unter die Haut), meist in die Bauchfalte. Pflegepersonal in der Klinik übernimmt meist die ersten Dosen. Bei Entlassung kann Ihnen das Pflegepersonal oder der Hausarzt zeigen, wie Sie die Spritze selbst geben oder ein Angehöriger dies tun kann. Viele Patienten erhalten ein Fertigpräparat (z. B. Fertigspritze) mit Anleitung.
Wie lange dauert die Prophylaxe?
Die Dauer richtet sich nach Art der Operation und dem individuellen Risiko:
- Geringes Risiko / kleinere Eingriffe: einige Tage (z. B. bis Mobilität wieder hergestellt ist).
- Große orthopädische Eingriffe: oft mehrere Wochen (siehe oben).
- Patienten mit hohem individuellen Thromboserisiko: möglicherweise verlängerte Prophylaxe nach Entlassung.
Mögliche Nebenwirkungen und Warnsignale
Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen Blutungen (lokal oder systemisch) und in seltenen Fällen eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT). Achten Sie auf:
- starke Blutungen oder großflächige Blutergüsse
- Atemnot, Brustschmerzen oder plötzliche Schwindelanfälle
- ungewöhnliche Schmerzen, Taubheit oder Schwäche in Armen/Beinen (bei rückenmarksnahen Kathetern: sofort melden)
- neue, ungeklärte Hautverfärbungen
Bei solchen Symptomen sofort ärztliche Hilfe suchen.
Praktische Tipps vor der Operation
- Fragen Sie im Aufklärungsgespräch explizit: "Wann ist bei mir die erste Thrombosespritze geplant?"
- Informieren Sie das Team über frühere Thrombosen, Gerinnungsstörungen oder Medikamente.
- Bei ambulanten Eingriffen: klären Sie, ob Sie die erste Dosis schon vor der OP erhalten sollen (manche Zentren empfehlen die Gabe am Vorabend).
- Verstehen Sie die Hinweise zur Mobilisation: frühe Bewegung reduziert Thromboserisiko zusätzlich.
Wo finde ich weitere verlässliche Informationen?
Leitlinien und Patienteninformationen bieten gute Orientierung (z. B. AWMF-Leitlinien oder spezialisierte Seiten wie thrombose-im-griff.de). Fragen Sie im Zweifel Ihr Behandlungsteam — Chirurg, Anästhesist oder Hausarzt — nach dem für Sie individuellen Plan.
Fazit
"Wann erste Thrombosespritze nach OP" lässt sich nicht pauschal beantworten. Als Faustregeln gelten: bei niedriger Blutungsneigung oft 6–12 Stunden postoperativ, bei erhöhter Blutungsgefahr 24 Stunden oder mehr; in manchen Fällen wird bereits vor der OP eine Dosis gegeben. Entscheidend sind individuelle Risikofaktoren und die Einschätzung des Operateurs/Anästhesisten. Klären Sie den genauen Zeitpunkt vor OP-Beginn und beachten Sie Hinweise zu Dauer, Nebenwirkungen und Mobilisation.
Bei Unsicherheit: sprechen Sie Ihr OP-Team an — eine abgestimmte Planung erhöht Sicherheit und reduziert Thrombose- sowie Blutungsrisiken.