Schwindeldiagnostik beim HNO: Sichere Antworten statt Unsicherheit
Schwindel ist ein häufiges, aber vielschichtiges Symptom. Eine gezielte Schwindeldiagnostik beim HNO-Arzt hilft, die Ursache schnell zu identifizieren und die richtige Therapie einzuleiten. Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Untersuchungen, Abgrenzungen und was Betroffene vom Termin erwarten können.
Schwindelbeschwerden können von harmlosen, vorübergehenden Episoden bis zu ernsthaften neurologischen oder vestibulären Erkrankungen reichen. In der HNO-Praxis steht die Orientierung im Gleichgewichtsorgan (Vestibularapparat) im Mittelpunkt. Eine strukturierte Schwindeldiagnostik HNO klärt, ob der Schwindel peripher (im Innenohr) oder zentral (im Gehirn) entsteht und welche weiteren Untersuchungen notwendig sind.
Wann sollten Sie einen HNO-Arzt bei Schwindel aufsuchen?
Suchen Sie möglichst zeitnah einen HNO-Arzt auf, wenn:
- der Schwindel plötzlich, heftig und wiederkehrend auftritt (z. B. Drehschwindel mit Übelkeit),
- neben Schwindel zusätzliche Symptome wie Hörverlust, Ohrgeräusche (Tinnitus), Doppelbilder, Nackensteifigkeit oder neurologische Ausfälle (Schwäche, Sprachstörungen) auftreten,
- die Beschwerden Ihre Mobilität oder Alltagsfunktionen stark einschränken,
- ein Sturzrisiko besteht oder wiederholte Stolpern vorkommt.
Erste Basisdiagnostik in der HNO-Praxis
Die Untersuchung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese: Zeitpunkt, Dauer und Qualität des Schwindels (Dreh-, Schwank-, Unsicherheitsgefühl), Auslöser (Lagewechsel, Kopfdrehung), Begleitsymptome sowie Vorerkrankungen und Medikamente. Darauf folgen körperliche Tests:
- Otoskopie zur Begutachtung des äußeren Gehörgangs und Trommelfells,
- Hörtests (Tonaudiometrie), um begleitende Hörminderungen auszuschließen,
- Augenbewegungsprüfung (Spontannystagmus, Blickrichtungsnystagmus),
- Dix‑Hallpike‑Manöver bei Lagerungsschwindel (BPPV),
- Head‑Impulse‑Test (Halmagyi‑Test) zur schnellen Beurteilung der vestibulo‑okulären Reflexe.
Spezielle vestibuläre Funktionsdiagnostik
Bei unklaren Befunden oder zur Differenzierung peripherer und zentraler Ursachen kommen spezialisierte Tests zum Einsatz:
- Videonystagmographie (VNG) bzw. Elektronystagmographie (ENG): Aufzeichnung der Augenbewegungen zur Analyse von Nystagmen und Blickrichtungsstörungen.
- Kalorische Prüfung: Temperaturreize im Ohr zur einseitigen Funktionsprüfung des horizontalen Bogengangs.
- Video‑Head‑Impulse‑Test (vHIT): Messung des vestibulo‑okulären Reflexes für alle drei Bogengänge in kurzer Zeit.
- Vestibulär‑evokierte myogene Potenziale (VEMP): Prüfen der otolithischen Organe (Saccus, Utrikulus) und deren Nervenbahnen.
- Posturografie / Messplatte: Analyse der Körperstabilität und Gewichtsverteilung (z. B. Kraftmessplatte).
Diese Verfahren ergänzen sich: Während die Kalorik eher tieffrequente Funktionen prüft, deckt der vHIT hochfrequente Reaktionen ab. Moderne Schwindelambulanzen und HNO-Praxen bieten meist mehrere dieser Untersuchungen an.
Wann sind Bildgebung und interdisziplinäre Abklärung nötig?
Ist der Verdacht auf eine zentrale Ursache oder eine strukturelle Läsion vorhanden, wird bildgebende Diagnostik veranlasst:
- MRT des Schädels zur Darstellung des Kleinhirns, Hirnstamms und des Innenohrbereichs,
- CT bei knöchernen Veränderungen oder Trauma.
Außerdem ist häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sinnvoll: Neurologen (bei zentralen Störungen), Kardiologen (bei Kreislaufproblemen/Orthostase), Internisten oder Psychologen (bei chronischem, somatoformen Schwindel).
Typische Diagnosen, die die HNO‑Schwindeldiagnostik aufdeckt
- Gutartiger paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV)
- Vestibularisneuronitis / Labyrinthitis
- Menière‑Syndrom (Schwindel mit wiederkehrendem Hörverlust und Tinnitus)
- Perilymphfistel, ototoxische Schädigung
- Vestibuläre Migräne
- Zentrale Schwindelursachen (z. B. Schlaganfall, Multiple Sklerose)
Vorbereitung auf den Termin und Ablauf
Bringen Sie folgende Unterlagen mit:
- Medikamentenliste,
- Vorbefunde (Hörtests, Bildgebung),
- ggf. ein Schwindetagebuch mit Zeitpunkt, Dauer, Auslöser und Begleitsymptomen.
Der Praxisbesuch dauert je nach Umfang 30–90 Minuten. Manche Tests können Übelkeit auslösen — planen Sie Begleitung und keine Fahrt nach akuten Fällen.
Therapieansätze nach Befund
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache:
- Für BPPV sind Lagerungsmanöver (Epley, Semont) oft sofort erfolgreich.
- Bei Vestibularisneuronitis: Kortison in Frühphase + vestibuläres Rehabilitations‑Training.
- Menière‑Erkrankung: Diätetische Maßnahmen, medikamentöse Therapie und ggf. invasive Verfahren bei schwerer Form.
- Bei zentralen Ursachen: gezielte neurologische Therapie und Rehabilitation.
Zusätzlich ist die vestibuläre Rehabilitation (physiotherapeutisches Übungstraining) ein zentraler Baustein zur Symptomreduktion und Rückgewinnung der Funktion.
Weiterführende Links und Quellen
- HNO-Ärzte im Netz – Untersuchungen und Diagnose bei Schwindel
- Charité HNO – Schwindel und Gleichgewichtsstörungen
- Erklärung zur Vestibularisprüfung
Fazit
Eine strukturierte Schwindeldiagnostik HNO kombiniert Anamnese, klinische Tests und spezialisierte Messverfahren, um periphere von zentralen Ursachen zu unterscheiden und eine gezielte Therapie zu ermöglichen. Bei akuten, schweren oder neuartigen Symptomen sollte umgehend ärztliche Abklärung erfolgen — besonders wenn Hörverlust, starke Übelkeit, neurologische Ausfälle oder Stürze hinzukommen. Vereinbaren Sie bei anhaltenden Beschwerden einen Termin in einer HNO-Schwindelambulanz oder spezialisierten Praxis.