Kehlkopflähmung verstehen: Ursachen, Symptome und moderne Therapieoptionen
Kehlkopflähmung ist für Betroffene oft beängstigend — Atemnot, Heiserkeit oder Schluckstörungen können die Lebensqualität erheblich einschränken. Dieser Artikel erklärt verständlich, wie eine Kehlkopflähmung entsteht, wie sie diagnostiziert wird und welche Behandlungswege heute zur Verfügung stehen.
Die Kehlkopflähmung (auch Larynxparalyse, Stimmlippenlähmung oder Rekurrensparese genannt) bezeichnet die teilweise oder vollständige Funktionsstörung der Muskulatur des Kehlkopfes. Das hat Folgen für Atmung, Stimme und Schutz der Atemwege beim Schlucken. Die Ursachen sind vielfältig, deshalb ist eine gezielte Diagnostik entscheidend für die Therapieplanung.
Wie entsteht eine Kehlkopflähmung?
Eine Kehlkopflähmung entsteht, wenn die Nerven oder Muskeln, die die Stimmlippen bewegen, nicht mehr richtig funktionieren. Häufige Ursachen:
- Operative Verletzung des Nervus laryngeus recurrens (z. B. bei Schilddrüsen-, Hals- oder thorakalen Eingriffen)
- Neurologische Erkrankungen (z. B. Schlaganfall, Multiple Sklerose)
- Tumoren, entzündliche Prozesse oder Infektionen, die Nerven komprimieren
- Idiopathische Fälle, bei denen keine Ursache gefunden wird
- Bei Tieren: altersbedingte degenerative Veränderungen (z. B. Larynxparalyse beim Hund) oder Trauma
Typische Symptome
Die Beschwerden hängen davon ab, ob eine oder beide Stimmlippen betroffen sind und ob sie in Ruhestellung offen oder geschlossen bleiben. Häufige Symptome sind:
- Heisere Stimme oder Stimmverlust
- Schwierigkeiten beim Ein- oder Ausatmen, v. a. bei Belastung
- Trockener Husten, Räuspern oder Schluckbeschwerden
- Erhöhte Aspirationsgefahr (Eindringen von Speichel oder Nahrung in die Atemwege)
- Bei beidseitiger Lähmung: schwere Atemnot bis hin zur Notfallsituation
Diagnose: So wird eine Kehlkopflähmung festgestellt
Die Diagnostik kombiniert Anamnese, klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren:
- Laryngoskopie: Flexible oder starre Laryngoskopie zur direkten Beurteilung der Stimmlippenbewegung.
- Stroboskopie / Voice-Assessment: Bewertung der Stimmlippenvibration und Stimmfunktion.
- Hals- und Thorax-CT oder MRT: Suche nach Tumoren oder Kompression des Nervs.
- Elektromyographie (EMG): Unterscheidung zwischen neurogener und muskulärer Ursache.
- Neurologische Abklärung: Bei Verdacht auf systemische Erkrankungen.
Behandlungsoptionen
Die Therapie richtet sich nach Ursache, Ausmaß der Lähmung und den dominierenden Symptomen (Atmung vs. Stimme). Mögliche Maßnahmen:
Konservative Therapie
- Beobachtung bei spontaner Besserung (z. B. postoperativ innerhalb von 6–12 Monaten)
- Stimm- und Schlucktherapie (Logopädie) zur Verbesserung der Funktion und Reduktion von Aspiration
- Atemtherapie bei belastungsabhängiger Dyspnoe
Minimal-invasive Eingriffe
- Injektionen in die Stimmlippe (Augmentationsmaterialien) zur temporären Volumenvergrößerung und besseren Schließung der Stimmlippen — oft bei einseitiger Lähmung zur Stimmverbesserung.
- Lateralisierungsverfahren (bei beidseitiger Medianstellung) oder endoskopische Verfahren zur Erweiterung der Atembahn.
Operative Therapie
- Medialisations-Thyroplastik (nach Isshiki): Verlagerung/Implantation zur dauerhaften Stimmlippenpositionierung — häufig bei einseitiger Lähmung zur Stimmverbesserung.
- Rekonstruktive Nervenoperationen / Reinnervation: In ausgewählten Fällen zur Wiederherstellung der Muskelinnervation.
- Tracheotomie: In lebensbedrohlichen Fällen mit schwerer Atemwegsobstruktion kurzfristig als Notfallmaßnahme.
Prognose
Die Prognose variiert stark. Bei operativer Nervenschädigung besteht in vielen Fällen eine Chance auf spontane Rückbildung innerhalb von Monaten. Bei irreversiblen Nervenschäden sind dauerhafte rehabilitative Maßnahmen oder operative Korrekturen nötig. Reinnervationsverfahren können besonders bei jüngeren Patienten zu deutlicher Funktionsverbesserung führen.
Kehlkopflähmung beim Tier
Bei Hunden (v. a. großen Rassen) und Pferden tritt die Larynxparalyse häufig auf. Symptome sind verändertes Bellen, Belastungsintoleranz und laute Atemgeräusche. Behandlungskonzepte ähneln denen des Menschen (chirurgische Korrekturen, Atemwegssicherung). Spezialisierte Tierkliniken bieten umfangreiche Diagnostik und OP-Optionen an.
Vorbeugung und Risikominimierung
- Sorgfältige chirurgische Technik bei Hals- und Schilddrüsenoperationen und intraoperative Nervenüberwachung (INMS), um Recurrentisverletzungen zu vermeiden.
- Frühe Abklärung bei stimmlichen Veränderungen oder Atemproblemen.
- Regelmäßige Kontrolle bei bekannten Risikofaktoren (Tumoren, neurologische Erkrankungen).
Häufige Fragen (FAQ)
Kann sich eine Kehlkopflähmung von allein zurückbilden?
Ja — besonders nach akuten, nicht vollständigen Nervenschädigungen kann sich die Funktion innerhalb von Monaten verbessern. Dennoch ist eine frühzeitige Diagnostik wichtig.
Ist die Stimme dauerhaft verloren?
Nicht unbedingt. Mit Logopädie, Injektionen oder operativen Eingriffen lässt sich die Stimme oft deutlich verbessern.
Wann ist eine Operation nötig?
Bei anhaltender Beeinträchtigung der Atmung, hoher Aspirationsgefahr oder deutlich beeinträchtigter Stimme trotz konservativer Maßnahmen sollte eine operative Korrektur erwogen werden.
Weiterführende Links und Quellen
Mehr Informationen finden Sie auf spezialisierten Seiten und in medizinischen Lexika, z. B. Amboss zur Kehlkopflähmung oder in patientenorientierten Artikeln von HNO-Zentren. Bei akuten Beschwerden kontaktieren Sie bitte umgehend Ihre HNO- oder Notfallambulanz.
Wenn Sie den Verdacht haben, betroffen zu sein oder Fragen zur Behandlung haben, suchen Sie einen HNO-Facharzt oder eine spezialisierte Stimmklinik auf — eine frühzeitige Abklärung verbessert die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie.
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